18. April 2024, 21:14 Uhr

Komödienstrasse – erst verbieten, dann vergessen

Radkrampf schafft neue Wüsten statt lebenswerter Innenstadt

Köln hat seit Jahrhunderten eine durchgehende Einnahmequelle. Natürlich kommen da in jüngster Zeit auch noch die Blitzer im Stadtgebiet dazu, aber die Rede ist vom Tourismus, nicht von Touristenfallen. Während die Kölner Wirtschaft allgemein eher schrumpft und immer weniger Bürger das im bundesweiten Vergleich eher mittelmäßige Kölner Bruttoinlandsprodukt erwirtschaften, blieb der Tourismus mit Ausnahme der Corora-Krise stehts ein Zugpferd, an dem auch die Stadt mitverdiente. Schon seit dem Mittelalter zog der in Italien geraubte Dreikönigsschrein die Wallfahrer an.
Anders als die damaligen Gläubigen kommen viele Touristen inwischen mit dem Bus und der Platz dafür wird immer eingeschränkter. Dank des „Provisoriums“ Musical-Dome fehlt aber ein Fernbusbahnhof und es ist auch nicht abzusehen, daß jemals einer geschaffen wird. Stattdessen darf man in Köln als einzige Großstadt an die Peripherie, um mit Flixbus & Co zu fahren.

In Folge der unter dem sakrosanten Banner der „Umwelt“ praktizierten Verkehrsverhinderungspolitik der Verkehrsdezernentin Blome hat man seit einiger Zeit die Touristenbusse  in der Kömödienstrasse vergrault. Nach typisch kölscher Manier wurde damit aber auch die Arbeit als erledigt betrachtet und keine Alternativen geschaffen. Das fiel natürlich in der Corona-Krise und dem damit verbundenen Rückgang des Tourismus nicht weiter auf.
Die FDP-Fraktion im Kölner Rat wies nun darauf hin, daß nach dem Vergraulen der Touristenbusse nun auch das damit verbundene Umgestaltungskonzept folgen müsse. Die Kömödienstrasse sei als Entrée zum Dom aufzuwerten. Die FDP möchte dabei „normale Fahrbahnen neben Radstreifen und Grün“ schaffen. Im Moment ist der Fahrradstreifen ca 1/3 breiter als die Fahrspur für Autos – früher sollten hier schließlich auch große Busse stehen. Beim Fototermin waren trotz guten Wetters kaum Räder auf der Strecke unterwegs, wie man das häufiger in Köln sieht, als den Rad-Ideologen lieb ist. Eigentlich kann man sie auch verstehen: die Komödienstrasse ist eine typische Großstadtschlucht, kein Strauch, kein Baum, kein Grün.

Grundsätzlich ist daher die FDP-Forderung zu begrüssen, was die Pressemitteilung der FDP aber offen lässt, ist die Frage, wo denn nun die Touristenbusse nach der Krise hin sollen. Ebenso fehlte mir Kritik an den zubetonierten Plätzen der Domumgebung. Diese „Aushängeschilder“ sind auch nach dem Umbau eine Beleidigung für’s Auge. Überall soll „entsiegelt“ werden, die Umgebung des Doms sieht immer noch aus wie ein Betonwüste. Auch die ideologisch verbrämte Radfahrerpartei muss sich fragen lassen, ob das ihre einzige Zukunftsvision ist, das Auto zu verbieten und stattdessen die Landschaft zuzubetonieren. Gerade das Stadtklima würde von mehr Verdunstungsflächen profitieren, da muss man keine Däche begrünen, sondern mit Stadtgrün vorangehen um die Aufenthaltsqualität und den Ersteindruck für Bürger und Besucher zu verbessern. Auch der Breslauer Platz ist in dieser Hinsicht nicht gelungen. Keinerlei Grün und nur Stahl-Glas-Stein-Architektur, das ist beschämend. Und das nur, um sich die Pflege des Stadtgrüns dort zu sparen.
Das Architekturforum „Architectura pro homine“ stellte vor einiger Zeit Pläne für eine parkähnliche Begrünung von Domplatte und Bahnhofsvorplatz vor. Dabei orientierten sie sich vielleicht daran, was schon im 19. Jahrhundert dort vorhanden war: Rasenflächen, Bäume und Gehwege. Warum ein „modernes“ Architekturbüro wie Albert Speer jr. in seinem von privater Hand beauftragten und dann von Fritz Schramma in – Achtung: Ironie – ewig geltendes Stadtrecht verwandelten „Masterplan“ nicht auf sowas kommt? (mj)

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