20. April 2024, 12:00 Uhr

Leere "Comirnaty"-Vials. Kein Symbolbild.

Ich war impfen !

Empfindlicher Impfstoff erfordert gründliche Vorbereitung

Letzte Woche durfte ich in einer Arztpraxis beim Impfen anwesend sein. Über 50 teils schwer kranke Menschen wurden mit dem Impfstoff von BioNTech geimpft. Der stellte sich als sehr empfindlich dar. Schnell ist klar: das sind keine IKEA-Möbel, die man mit ein paar Bildern aufbauen kann.

„10 mal invertieren, dann das Siegel entfernen. Einstichstelle am Vial  (Anmerkung: die kleine Ampulle von Pfizer/BioNTech) desinfizieren. 30 Sekunden warten. 1,8ml Kochsalzlösung einfüllen und ganz wichtig: die gleiche Menge Luft wieder rausziehen, sonst zerstört der Luftdruck im Vial die mRNA (messenger RNA).  Dann wieder 10 mal invertieren, desinfizieren und trocknen lassen. Und auf die Null-Totraum-Spritzen aufziehen. Diese müssen mit der Uhrzeit versehen werden, wann sie vernichtet werden müssen (6h bei Kühlung  im Kühlschrank, 2h bei Raumtemperatur), dunkel, kühl lagern und sehr, sehr vorsichtig behandeln.“

Der Impfstoff wurde vorher nach genau dokumentiertem Verfahren aufgetaut. Es herrscht eine konzentrierte Spannung, als Frau Doktor Sommer (Name geändert) das Protokoll zur Impfstoffaufbereitung Schritt für Schritt durchgeht. In den Impfzentren sind dafür  Pharmakologen zuständig, bei den niedergelassenen Ärzten sollen das Medizinisch-Technische Assistentinnen machen oder eben die Ärzte selbst. „Normalerweise sollte man das an einer Bench (Anmerkung: spezieller Tisch mit Belüftung aus der Labormedizin) machen, aber sowas hat keine (Arzt-)Praxis. Man darf nicht mal gegen die Spritze klopfen, um Luftbläschen zu lösen, wie man das sonst macht“. Frau Dr. Sommer beginnt sofort mit den Impfungen, denn die Haltbarkeit der aufgezogenen Spritzen ist begrenzt, jede Minute zählt.
Aus einem Vial, so nennt man die kleinen Fläschchen, werden 6-7 Einzeldosen aufgezogen: „7 nur, wenn spezielle ‚Nulltotraum‘ Spritzen vorhanden sind – dann schafft man 7 Einzeldosen. Reste mischen darf man nicht“ so Frau Dr. Sommer. Am Ende des Tages sind dann auch nicht aus allen Vialen 7 Dosen geworden, denn  die Spezialspritzen sind rar.

„Ich habe heute 2 Patienten als „Joker“ vorgesehen, falls Impfdosen übrig bleiben. Die halten sich bereit und kommen auf Zuruf innerhalb einer Stunde in die Praxis.  Die sind nicht böse, wenn sie erst nächste Woche drankommen. Hauptsache es wird kein Impfstoff weggeworfen“.  Zwischendurch wird „Comirnaty“, so heißt der Impfstoff von Biontech/Pfizer offiziell, wieder frisch aufbereitet.

Alle Patienten sind erschienen, alle werden geimpft.  Alle bekommen den Impfpass, der in Zukunft die Grundrechte wieder bringen soll. Die zwei  Joker freuen sich auf nächste Woche.

Im Wartezimmer reinigt ein Luftfilter 500 Kubikmeter in der Stunde. Dort können die Patienten 15-30 Minuten warten, ob bei Ihnen allergische Reaktionen auftreten. Der Notfallkoffer steht direkt an der Tür, die wichtigsten Medikamente warten in einer Pappschale, die auf dem Koffer liegt, auf ihren Einsatz.  Die Sprechstundenhilfe schaut ab und zu rein, es geht allen gut: „Bisher kein Problem“. Die Anspannung merkt man einigen an, viele Berichte verunsichern Patienten. Am Ende des Tages wird keiner unmittelbare Reaktionen zeigen und auf eigenen Füssen die Praxis verlassen. Auf meine Nachfrage am Montag haben alle die Impfung gut vertragen. Ich verzichte auf Interviews und Fragen nach Motivation oder Meinung. Darüber kann man sich in den sozialen Medien informieren. Niemand fotografiert seinen Impfpass oder macht Selfies.

„Ich kann mir mittlerweile sehr gut vorstellen, dass die Aufbereitung nicht jedem und nicht immer gelingt. Dieser Impfstoff ist kein üblicher, stabiler Impfstoff, den man wochen- oder monatelang im Kühlschrank aufbewahrt. Die Messenger RNA (mRNA) ist empfindlich. Wer mal im Labor mit RNA gearbeitet hat, kennt das, aber viele Kollegen könnten damit überfordert sein.“ so die Fachärztin, die in der Grundlagenforschung „mit sehr vielen PCRs, mRNAs und Zellkulturen“ promoviert hat.
Sogar Tierärzte hatten sich vor einiger Zeit beworben, Menschen impfen zu dürfen. Um das Geld geht es dabei weniger. 20 € erhält man pro Patient von der kassenärztlichen Vereinigung, auch für Privatpatienten. Da bleiben nach Steuer um die 10 € übrig. Der Zeitaufwand ist gewaltig, insbesondere die Organisation und Kontaktierung der „Impflinge“ neben dem normalen Praxisgeschäft ist eine Mammutaufgabe. Da sitzt man mal bis um halb drei nachts am Rechner und schickt Infos und Aufklärungen. Und das nicht nur einmal pro Woche.  Und dann natürlich die Aufklärungen.

Alles das muss abgearbeitet sein, wenn der Impfling die Praxis betritt. Es bleiben „Im Schnitt ungefähr 5 Minuten pro Mensch in der Praxis“. Eigentlich hätte sie schon Wochenende. „Das ist mein Beitrag, damit das langsam mal aufhört“.

Ob sie sich vorstellen könne, daß es unwirksame „Fehlimpfungen“ geben könnte, wenn der Impfstoff so empfindlich sei.
Frau Doktor weicht aus: Sie hätte sogar von Orthopäden gehört, die impfen wollen, obwohl sie noch nie geimpft hätten.  Und das nebenbei, während der regulären Sprechzeiten. Bei denen könne sie sich kaum vorstellen, dass die Vorgaben zur Herstellung, Lagerung und dem Handling des Impfstoffes eingehalten werden.

Am Wochenende hat die Stadt Köln in Chorweiler eine Schwerpunktimpfung mit über 300 „Impflingen“ durchgeführt. Dabei war ein deutlich „robusterer“ Umgang mit den aufgezogenen Spritzen zu beobachten als bei meinem Einsatz in dieser Impfpraxis.

Der AstraZeneca-Impfstoff und auch der von Johnson&Johnson ist deutlich einfacher zu verimpfen, er kann auch bei Kühlschranktemperatur länger gelagert werden. Die Probleme mit diesen Impfstoffen wurden aber bereits ausführlich in der Presse berichtet. Auch der ähnlich stabile Impfstoff von Johnson&Johnson hat die gleichen schweren Nebenwirkungen, es gab einen sogenannten „Rote-Hand-Brief“, bevor der Impfstoff in größeren Mengen verfügbar ist. Es bleiben also im Moment nur die sehr empfindlichen Produkte von Pfizer/BioNTech und Moderna.

Gesundheitsminister Spahn möchte in Kürze 500.000 Dosen pro Woche an Betriebsärzte zur Impfung ausliefern. Die zählen dann als geimpft – ob wirksam oder nicht, dazu gibt es keine verlässlichen Zahlen, außer denen des Herstellers. Das RKI empfiehlt vorerst keine Antikörpertests, da fehlende Referenzdaten keine Beurteilung zulassen würden. Eigentlich kann dann aber auch keine Aussage über die Wirksamkeit der Impfungen getroffen werden. Vereinzelt wurde über Fälle berichtet, bei denen vollständig Geimpfte an Corona erkrankt sind. Einen Zusammenhang mit „Fehlimpfungen“ und falscher Handhabung kann man zur Zeit weder ausschließen noch beweisen. (mj)

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In der Wahner Heide wurden im 1. Weltkrieg verschiedene Giftgase erprobt. Noch heute könnten dort Giftgasblindgänger im Boden liegen.